In sogenannten „Tagesberichten“ dokumentierte Rolf Grabower (1883-1963), von 1941 bis 1942 detailliert die Vorkommnisse zum Zwangsarbeitseinsatz der Münchner Jüdinnen und Juden in der Flachsröste Lohhof. Grabower, selbst als Jude verfolgt, war dort von den Nationalsozialisten als Leiter des jüdischen Zwangsarbeitslagers eingesetzt worden. Während die Betriebsunterlagen 1945 zerstört wurden, geben die Berichte Aufschluss über die Arbeitsstrukturen aber auch über die Zwangsarbeitenden selbst und ihr Leben unter der Zwangsarbeit sowie über Konflikte und Probleme untereinander, mit den Behörden und dem Aufsichtspersonal der Flachsröste. Doch schrieb Grabower die Berichte tatsächlich alleine und für wen verfasste er sie? Wieviel Selbstbild des Juristen Grabower steckt in ihnen? Unter anderem diesen Fragen gehen die Juristin Dr. Pauline Ellermeyer und der Historiker Dr. Maximilian Strnad im Rahmen eines Diskussionsabends nach. Sie beleuchten den Entstehungskontext der Quelle, die Person Grabower und die Rolle der Berichte für die Forschung zur Zwangsarbeit in der Flachsröste Lohhof.
In ihrer jüngst erschienen Biografie spürt Dr. Pauline Ellermeyer dem streitbaren „Architekten der Betriebsprüfung“ Grabower nach. Dr. Maximilian Strnad (Kulturreferat der Landeshauptstadt München), der gemeinsam mit der Künstlerin Kirsten Zeit den Erinnerungsort kuratierte, forscht unter anderem seit 2011 zur NS-Zwangsarbeit in der Flachsröste Lohhof und erschloss hierbei die Tagesberichte als Quelle zur Geschichte der NS-Zwangsarbeit in Unterschleißheim.
Während der Weimarer Republik in konservativen Kreisen und der Verwaltungselite geschätzt, wurde Grabower während des Nationalsozialismus rassistisch verfolgt. Im Kontext seiner Verfolgung musste er verschiedene Funktionen, übernehmen, etwa die des Leiters des jüdischen Arbeitslagers in der Flachsröste Lohhof oder als Arbeits- und Verwaltungsrichter im Ghetto Theresienstadt, wohin er 1942 deportiert worden war. Grabower überlebte den Holocaust. Nach 1945 gestaltete er als Oberfinanzpräsident in Nürnberg Verwaltungshandeln und forschte zu steuerrechtlichen Fragen.
Um Anmeldung wird bis zum 10. Oktober 2024 unter erinnerungsort@ gebeten. ush.bayern.de
Die Teilnahme ist kostenlos.